Leitbild | Freie Waldorfschule Saar-Hunsrück

Leitbild

Das Leitbild der Freien Waldorfschule Saar-Hunsrück formuliert übergeordnete Ziele und grundlegende Werte und Handlungsprinzipien für die pädagogische Arbeit und Verwaltung der Schule.

Nach innen bildet es damit einen verbindlichen Rahmen für das Handeln aller verantwortlich Tätigen, nach außen schafft es ein transparentes Bild des pädagogischen und sozialen Selbstverständnisses der Schule.

Die Ausarbeitung detaillierterer Konzepte für verschiedene wichtige Arbeitsbereiche der Schule sowie konkreter Handlungsleitlinien für besonders wichtige Arbeitsprozesse knüpft an den Vorgaben des Leitbildes an und setzt diese in praktisches Handeln um.

Da sich innere und äußere Gegebenheiten wandeln, wird das Leitbild und seine Umsetzung im Schulleben periodisch überprüft und gegebenenfalls aktualisiert.

Selbstverständnis und pädagogischer Auftrag

Die Freie Waldorfschule Saar-Hunsrück ist eine öffentliche allgemeinbildende Schule. Sie steht allen Eltern offen, die für ihre Kinder eine Bildung auf der Grundlage der Waldorfpädagogik wollen und bereit sind, im Sinne dieser Pädagogik mit den LehrerInnen zusammenzuarbeiten.

Im Mittelpunkt aller Fragen der pädagogischen und sozialen Gestaltung steht das Kind.

Es besteht die Offenheit, alle Kinder aufzunehmen, solange wir deren Bedürfnissen und denen der Gemeinschaft gerecht werden können. Die kognitive Leistungsfähigkeit ist kein vorrangiges Auswahlkriterium bei der Kinderaufnahme.

Kern unseres pädagogischen Auftrags ist es, die gesunde Entwicklung der SchülerInnen altersgemäß so zu fördern, dass sie sich selbst finden und ihre Lebensaufgaben im persönlichen, sozialen und beruflichen Bereich in Freiheit bestimmen und gestalten können.

Übergeordnetes Bildungsziel der Freien Waldorfschule Saar-Hunsrück ist es daher, die SchülerInnen zu freien, verantwortungsbewussten und urteilsfähigen Menschen zu erziehen. Im Kern der Pädagogik steht die Liebe zum Kind.

Dabei erachten wir die Anthroposophie Rudolf Steiners und die auf ihr aufbauende Waldorfpädagogik als Methode, zeitgemäße Antworten auf die pädagogischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu finden.

Pädagogik

Waldorfpädagogik baut auf der Kenntnis der körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklungsgesetzmäßigkeiten des Menschen auf.  Über die Vermittlung einer breiten Allgemeinbildung hinaus ist sie daher auf die altersgemäße und umfassende Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der SchülerInnen ausgerichtet. Diese wird durch ein breit gefächertes Lernangebot erreicht, das ein ausgewogenes Verhältnis von theoretischem, praktischem und künstlerischem Unterricht umfasst.

Aufgabe des Unterrichts ist es, Lernräume zu schaffen, in denen die Kinder und Jugendlichen ihre individuellen Fähigkeiten entdecken, erproben und entwickeln können. Dabei wird die innere und äußere Mit- und Eigentätigkeit des Kindes im Wollen, Fühlen und Denken altersentsprechend angeregt.

Eine besondere Bedeutung kommt im Rahmen der Waldorfpädagogik der Kunst zu, da sie die Fähigkeit schult, Qualitatives mit innerer Lebendigkeit zu erfassen. Dadurch ergänzt und vertieft sie eine rational-analytische Betrachtungsweise und fördert ein lebendiges, entwickelndes und einfühlendes Erkenntnisvermögen. Deshalb geht das künstlerische Element über den eigentlichen Kunstunterricht weit hinaus und durchdringt alles pädagogische Handeln.

Ein auf diese Weise künstlerisch belebter Unterricht erlaubt es den SchülerInnen, sich nicht nur gedanklich betrachtend, sondern ein- und mitfühlend mit den Lerninhalten zu verbinden. Dadurch wird in den Heranwachsenden die anschauende Urteilskraft angeregt und ausgebildet, die sie befähigt, die inneren Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge der Erscheinungen zu erfassen.

Aus dieser lebendigen Urteilsfähigkeit erwächst eine vertiefte persönliche Weltverbindung, die von Wertschätzung und Ehrfurcht gegenüber der Natur und dem Mitmenschen geprägt ist und zu verantwortungsvollem Handeln hinleitet.

Das Schulkonzept der Freien Waldorfschule Saar-Hunsrück ist auf umfassenden Lebens- und Praxisbezug angelegt. Durch Mitarbeit auf dem der Schule angegliederten biologisch-dynamisch bewirtschafteten Schulbauernhof erfahren die SchülerInnen den pflegenden Umgang mit der Natur und die Erzeugung gesunder Lebensmittel. In den Klassenstufen 9-12 absolvieren sie jährlich mehrwöchige Praktika. Das Unterrichtskonzept fördert die Initiative der Schüler zur Durchführung von Projekten, Auslandsaufenthalten, Arbeitsgemeinschaften und Schülerfirmen. Die Praxiselemente des Unterrichtskonzepts fördern die Eigeninitiative und Selbstkompetenz der SchülerInnen. Indem sie sich im äußeren Leben bewähren, gewinnen sie Weltoffenheit und Selbstbewusstsein.

Dem grundlegenden Ansatz, die individuellen Anlagen und Begabungen des Kindes umfassend zu fördern, werden wir über das allgemeine schulische Angebot hinaus durch ein besonderes Förderkonzept gerecht.

Dem besonderen Bildungsbegriff entspricht auch ein erweitertes Leistungs- und Prüfungsverständnis. Prüfungen sollen den Schülern umfassend Gelegenheit geben, erworbene Fertigkeiten und Kompetenzen zu zeigen und anzuwenden. Sie sind daher nicht auf das Abrufen kognitiver Fähigkeiten begrenzt. Damit werden Prüfungen zu besonderen Momenten des Rückblicks und der Reflexion im Lernprozess.

Zeugnisse messen die Leistungen und Fähigkeiten der SchülerInnen nicht an abstrakten, willkürlich gesetzten äußeren Standards. Im Jahreszeugnis wird vielmehr ihr persönlicher Entwicklungsverlauf charakterisierend beschrieben und gewürdigt.

Die Abschlussprüfung des 12-jährigen Bildungsgangs der Waldorfschule beinhaltet als soziale Aufgabe der Klasse das Einstudieren und die Aufführung eines Theaterstücks und als persönliche Leistung die Ausarbeitung und Präsentation einer Jahresarbeit zu einem selbstgewählten Thema.

Je nach persönlicher Begabungsrichtung wird darüber hinaus den SchülerInnen der Erwerb eines staatlichen Abschlusses (Hauptschulabschluss, Mittlerer Bildungsabschluss oder am Ende eines 13. vorbereitenden Schuljahres – Abitur) ermöglicht.

Wie werden LehrerInnen und Eltern diesem pädagogischen Auftrag gerecht?

Die pädagogischen Bildungsziele können nur erreicht werden, wenn Erziehung im Sinne der Waldorfpädagogik als eine gemeinsame Aufgabe von Eltern und LehrerInnen verstanden und verwirklicht wird. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit in einer solchen Erziehungsgemeinschaft bildet den notwendigen Schutz- und Entwicklungsraum für das heranwachsende Kind.

Sie baut auf der Erkenntnis, dass Eltern und LehrerInnen nur dann die Entwicklung der Kinder anregen und fördern können, wenn sie sich selbst entwickeln.

Lebenslanges Lernen und Wille zur Selbstentwicklung sind deshalb integraler Bestandteil des gemeinsamen Erziehungsverständnisses. Die Anthroposophie bietet vielfältige Anregungen und Techniken für diesen individuellen inneren Entwicklungsweg des Erwachsenen.
Die Eltern unterstützen die schulische Pädagogik im häuslichen Umfeld und ermöglichen durch ihre materiellen und ideellen Beiträge die Existenz der Schule.

Um SchülerInnen zu Weltoffenheit anzuregen, müssen die LehrerInnen selbst ein vertieftes Interesse an Gegenwartsfragen und Verständnis gegenüber den latenten Lebensfragen der Kinder und Jugendlichen entwickeln. Dafür vertiefen sie stetig im Sinne einer anthroposophisch erweiterten Praxisforschung ihr lebendiges Verständnis der körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklungsgesetzmäßigkeiten des Menschen mit Hilfe und auf der Grundlage der Waldorfpädagogik und leiten daraus ihr pädagogisches Handeln ab.

Ob Stoff und Methode als altersgemäß einzustufen sind, wird einerseits vermittels der anthroposophischen Menschenkunde beurteilt und steht andererseits in der freien Entscheidung des Lehrers, der zu jedem Zeitpunkt einzuschätzen hat, was seine Schüler in ihrer Entwicklung fördern könnte. Die existierenden schriftlich fixierten Lehrpläne [1], deren Ausführungen auf Aussagen Rudolf Steiners sowie etablierte Traditionen zurückgehen, haben dabei orientierenden, nicht normativen Charakter.

Sozialgestalt der Schulgemeinschaft

Die Schule gibt sich eine soziale Gestaltung, die es den LehrerInnen ermöglicht, in größtmöglicher Verantwortlichkeit und Authentizität im Sinne des Leitbildes ihren schulischen Bildungsauftrag gegenüber den SchülerInnen auszuüben.

Die Eltern sind aktiver, lebendiger Bestandteil der Schulgemeinschaft.
Als Freie Schule ersetzen wir die hierarchisch organisierte Außenlenkung der staatlichen Schulen durch eine freiheitliche Verfassung. Die Selbstverwaltung erfolgt durch Eltern und LehrerInnen gemeinsam. Die pädagogische Führung wird vom Lehrerkollegium wahrgenommen, in dem alle LehrerInnen gleichberechtigt mitwirken.

Wir geben uns soziale Strukturen und Kooperationsformen, die allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft LehrerInnen, MitarbeiterInnen, Eltern und SchülerInnen – Raum schaffen für Mitgestaltung und Initiative.

Das Bemühen um das Verständnis des Menschen, seiner Lebensgesetze und um Fortentwicklung der Pädagogik auf der Basis der anthroposophischen Geisteswissenschaft bildet die gemeinsame Grundlage.

Eine gute Kommunikation und gegenseitige Wahrnehmung aller Beteiligten ist Voraussetzung für einen lebendigen und funktionierenden Schulorganismus.
Die Zusammenarbeit im Rahmen unserer Schulgemeinschaft gründet sich auf Wertschätzung von Vielfalt sowie konstruktiven und ehrlichen Umgang miteinander. Das setzt die Bereitschaft und Fähigkeit voraus, Verschiedenheit zu bejahen und die daraus entstehenden Spannungen konstruktiv zu gestalten.

Als Glied der Waldorfschulbewegung leistet die Schule einen aktiven Beitrag zur Bewältigung von Aufgaben übergeordneter Bedeutung wie z. B. der Lehrerbildung, der öffentlichkeitsarbeit oder der Vertretung der Anliegen der Waldorfschulen gegenüber staatlichen Behörden.

Die Freie Waldorfschule Saar-Hunsrück öffnet sich zur nahen und weiteren Umwelt und wirkt aktiv am sozialen und kulturellen Leben der Gegenwart mit.

[1] siehe z.B.:
Tobias Richter, „Pädagogische Auftrag und Unterrichtsziele Vom Lehrplan der Freien Waldorfschulen“
Karl Stockmeyer, „Lehrplan der Freien Waldorfschulen“